Einkaufen bei Lindner Hanne
Wenn man als Kind bei der Lindner Hanne einkaufen ging, so war das immer ein Erlebnis. Hanne war schon etwas betagt, so dass die Bedienung im Laden nicht so schnell ging. Zusätzlich mussten die
Restaurantgäste bedient werden. Lindner Hanne hatte dadurch viel Zeit, die Kinder über alles Mögliche und Unmögliche auszufragen, sie kannte ja das ganze Dorf.
Kinder waren zum Ausfragen ideal geeignet und Hanne wusste wie sie es anstellen musste, das Gewünschte zu erfahren. Wenn die Einkaufsprozedur abgeschlossen war, erhielt man jedes Mal eine kleine Süβigkeit als Dank für die Informationen.
Kinderstreiche
Tja aber die richtigen Erlebnisse hatte man eigentlich im Restaurant. Neben dem Grundstück von Lindners befand sich früher eine Baracke (auf dem Gelände der Reitkoppel). Hier wurde über viele
Jahre Schul- und Freizeitsport gemacht in Ermangelung einer Turnhalle.
Nach dem Sport ging es natürlich mit groβem Durst zur Lindner Hanne, als Kinder bestellten wir dann immer weiβe Limonade. Waren keine Stammgäste im Restaurant, so setzten wir uns natürlich an den Stammtisch, auf dem ein groβer Aschenbecher meist randvoll mit Asche und Tabakresten stand.
Oftmals wurde die Limonade nicht ausgetrunken. Wenn wir bezahlt hatten und Hanne den Raum verlassen hatte, wurde die restliche Limonade in den Aschenbecher gekippt, bis er randvoll angefüllt war. Im Winter wurde die Limo auch in den daneben stehenden Ofen gekippt, manchmal war er dann aus. Dann ging es aber schleunigst ab. Manchmal hat sie es gleich bemerkt, dann rief sie ihren Willy. Da dieser etwas schwerhörig war, kam er nicht immer sofort. Willy hatte nämlich einen groβen Knüppel hinter der Theke stehen mit dem er dann drohte. Haue hat aber keiner bekommen.
Tatsächliche Geschichten ums Brandwesen in Mahlis
Es begab sich in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg. Zwei Mahliser Bauern waren in Wermsdorf unterwegs um verschiedene Besorgungen zu erledigen.Gleich zu Beginn des Heimweges stellte der eine
Bauer plötzlich fest, es würde in Mahlis gerade brennen. Der andere war sehr verwundert, woher dieser das wissen könne. Schlieβlich gab es noch keine Sirene und Mahlis liegt in einem Tal, so das
Qualmwolken von Wermsdorf aus ja eigentlich gar nicht zu sehen sind. Als man dann Mahlis näher kam, wurde festgestellt, dass der eine Bauer die Wahrheit gesagt hatte. In Mahlis brannte es! Aber
was? Natürlich die Scheune desjenigen, der den Brand schon in Wermsdorf festgestellt hatte. Tja rechtzeitig ein Kerzlein gezündet und günstig platziert damals ging so etwas noch.
Fleiβige Feuerwehr
Es begab sich auch in den zwanziger Jahren, als die Feuerwehr noch relativ in ihren Anfängen steckte und die Ausrüstung auch nicht gerade als modern zu bezeichnen war. Plötzlich brennt es im
Schaafschen Gut auf dem Meuerberg (jetzt August-Bebelstraβe).Die Feuerwehr wird alarmiert. Man alarmiert auch die Feuerwehr aus Gröppendorf, jede Hand wird gebraucht
Doch was ist denn das? Die Gröppendorfer Feuerwehr ist eher da als die Kameraden aus Mahlis. Das darf nicht sein! Daraufhin kippen Mahliser Kameraden das Löschwasserfass der Nachbarwehr aus. Das Ergebnis, der Brand konnte erst mal gar nicht gelöscht werden.
Der Grund: Die Wehr die zuerst am Brandherd ist, erhält eine Prämie! Tja, das waren noch Zeiten!
Wie kommt Kuhscheiβe aufs Dach?
Es geschah im Jahr 2003
In Gröppendorf weitete eine kleine Rinderherde auf einer Wiese, die Richtung Mahlis lag.
Wahrscheinlich war die Absperrung um die Wiese nicht mehr ganz so in Ordnung, wie es eigentlich sein sollte. Vielleicht hatte der Besitzer der kleinen Herde auch bei der Einzäunung nicht die
Sorgfalt walten lassen, die eigentlich notwendig war. Jedenfalls fanden die Kühe irgendwie eine Möglichkeit die Wiese zu verlassen. Für die Kühe war es sehr einfach. Sie brauchten nur nach dem
saftigen Futter Ausschau zu halten, welches auf ihrem Wege wuchs. Da es zwischen Gröppendorf und Mahlis im Döllnitztal keine Absperrungen von Feldern und Wiesen gibt, gelangte die Herde dann bis
Mahlis. Natürlich war das für die Kühe unbekanntes Gebiet und ein wenig verstört waren sie auch. Dadurch gelangte eine Kuh dann auf das Grundstück eines Mahliser Einwohners. Trotz das dieser
schon im Rentenalter war, hatte er noch einen Stall, indem er für die Eigenversorgung Haustiere hielt. Der Stall hatte nur einen Nachteil. Die eine Rückwand lehnte sich an die Wiese an und der
Höhenabstand Dach zur Wiese war nicht sehr groβ. Es war auch ein leichtes Flachdach. Die Kuh wusste nicht weiter. Kurzerhand erklomm sie das Dach und es musste kommen wie es nicht anders sein
konnte. Das Dach konnte der plötzlichen Belastung durch viele Zentner Lebendmasse nicht standhalten die Kuh brach ein und es ging für sie weder vor noch zurück. Da es späterer Abend war, konnte
der dabei entstandene Lärm nicht überhört werden. Dieser “Einbruch” wurde natürlich bemerkt. Hilfe musste her.
Also wurde die Mahliser Feuerwehr alarmiert, die natürlich in kürzester Zeit anrückte. Aber für so einen Notfall ist so eine kleine Ortswehr natürlich nicht vorbereitet. Ohne schweres Hebezeug ging nichts und Tierpsychologen waren die Feuerwehrmänner natürlich auch nicht. Es wurde ein Tierarzt alarmiert, der sich den Zustand der Kuh erst mal besah. Das Tier war natürlich sehr verängstigt, inwieweit es verletzt war, war auf Grund der besonderen Lage nur sehr schwer festzustellen. Man alarmierte nach längerer Beratschlagung dann schlieβlich noch die Wermsdorfer Feuerwehr, die auch sehr schnell erschien. Damit war aber das Chaos perfekt. So ein Einsatz war auch für diese Wehr neu. Der Lärm und die Hektik führten dazu, dass die Kuh immer nervöser wurde, was bei einer Bergung natürlich nicht ungefährlich ist. Die Zeit lief davon. Schlieβlich fand man doch eine Lösung und unter groβen Aufwand wurde die Kuh aus ihrer misslichen Lage befreit. Dem verängstigten Tier ging es dann wie manchen Menschen. Sie entleerte bei der Bergung vor Schreck ihren Darm. Später stellte sich heraus, dass der Kuh relativ wenig passiert war. Den gröβeren Schaden hatte der Besitzer des Grundstückes. Sein Stall war doch ganz schön in Mitleidenschaft gezogen und natürlich war Kuhscheiβe auf den Dachresten geblieben.
Das zeigt den verehrten Mitbürgern wieder einmal, auch in höheren Etagen ist man nicht vor Scheiβe sicher.
Das sichere Versteck
Es geschah entweder 1962 oder 1963.
Mahlis hatte damals noch eine gut besuchte Schule. Dies war aber für die einheimischen Kinder nicht immer nur von Vorteil wegen des kurzen Schulweges. Leider wussten in der Regel die Eltern schon
abends, was ihre Sprösslinge in der Schule angestellt hatten bzw. das die Zensuren wieder mal den Erwartungen nicht entsprochen hatten. Die meisten Lehrer wohnten schlieβlich im Dorf und obwohl
Telefone noch ein Luxusartikel darstellte, klappte das Informationssystem Lehrer Eltern sehr gut. Eines Abends, es war schon finster, ging ein Vater auf Suche nach seinem Sohnemann. Dieser war
seit Schulschluss nicht mehr zu Hause aufgetaucht. Auch die anderen Familienmitglieder beteiligten sich an der Suche. Alle möglichen Schulkameraden wurden befragt. Im Umfeld wurde alles
abgesucht. Ergebnis: Null Daraufhin wurden die älteren Jugendlichen und die Feuerwehr in Bewegung versetzt. Aber wo sollte man suchen? Die Döllnitz und der Wald waren nicht weit, die Fluren rund
um Mahlis groβ.
Die Suche der Feuerwehr und anderer Helfer ging fast die ganze Nacht ohne Ergebnis. Am Morgen ging die Suche weiter. Plötzlich wurden alle Helfer informiert, die Suche eingestellt. Was war geschehen. Der Sohnemann war überraschend wieder aufgetaucht. Man konnte sich nicht erklären wo er die ganze Zeit gesteckt hatte. Alle Grundstücke, Wiesen, Bäche usw. waren abgesucht worden. Es ahnte keiner. Gegenüber dem elterlichen Grundstück befand sich ein groβer Bauernhof. An der Rückseite der einen Scheune , nur wenige Meter von der Straβe entfernt, war ein groβer Futterkasten an der Wand befestigt. Aus Angst vor der Strafe der Eltern war deshalb der Sohnemann am Nachmittag in die Futterkiste gekrochen und hatte sich nicht mehr gerührt. Die Helfer sind zigmal an der Futterkiste vorbeigekommen. Hätten sie geahnt, wie nahe der Gesuchte war, es wäre viel Aufregung und eine fast schlaflose Nacht für die Suchkräfte vermieden worden.
Nichts ist schöner wie fliegen
In den Zeiten, als der Sozialismus seinen „Siegeszug“ auch in Mahlis in der Landwirtschaft beendet hatte, befand sich der Sitz der damaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft vom Typ
3 (wer weis noch was das war?), in dem ehemaligen Schlegelschen Bauerngut. Auf Grund der damaligen Wohnungsknappheit wohnten in dem Hauptgebäude, dass die Verwaltung beherbergte ,auch einige
Familien mit Kindern. Das Gutsgelände ist sehr weitläufig und von drei Seiten von Wirtschaftsgebäuden und Viehställen eingerahmt. Natürlich standen dort immer irgendwelche Türen und Tore offen.
Für die, die in der Nähe wohnten, war das natürlich der Abenteuerspielplatz par Excellenz. Nun begab es sich, dass eine gröβere Kinderschar beschlossen hatte, Verstecke zu spielen. Eines der
Kinder fand dabei ein seiner Meinung nach ganz sicheres Versteck.
Es kroch in das Rohr eines Gebläses, welches dazu diente, Heu und Stroh in die oberen Etagen der Scheunen zu blasen. Aber dann! Nichts ahnend kamen einige Hofarbeiter um mittels des Gebläses Stroh in die obere Etage zu befördern. Sie stellten das Aggregat an und stopften ein Bündel Stroh hinein. Und es flog. Das Bündel Stroh und vorneweg der versteckte Junge – in hohem Bogen in die obere Etage. Glücklicherweise waren auf der Flugbahn keine Balken und keine Mauern im Wege. Der Junge landete unverletzt im oberen Stockwerk. Der Schreck soll für ihn und die Hofarbeiter ganz schön gewaltig gewesen sein. Wer hinterher noch ein Donnerwetter erhielt, ist allerdings nicht überliefert.
Erbsenpistolen
Mahlis hatte ja bekanntlich eine zehnklassige Polytechnische Oberschule, in der zeitweise mehr als 200! Schüler aus den umliegenden Orten lernten. Etwa Mitte der sechziger Jahre
erlebte eine alte “Kampfsportart” eine regelrechte Renaissance. Es handelte sich um Erbsenpistolen. Irgendwo in einer Schule rundherum hatte es begonnen. Die Schüler bauten sich aus
Wäscheklammern, Streichholzschachtel und in Ringe geschnittenen Fahrradschlauch Pistolen, die sich besonders mit Erbsen als Munition bewährten. Fast jeder Schüler (bei den Schülerinnen war das
nicht so beliebt, da diese oft die Zielscheibe darstellten), war in Besitz einer Pistole. Und man war voll aufmunitioniert. Die Hosentaschen quollen manchmal über, in den Schultaschen befanden
sich weitere Gefäβe mit Erbsenmunition. Überall flogen die Erbsen, auf dem Schulweg, dem Schulhof in der Schule und öfters auch in den Klassenzimmern. Selbst die Lehrer blieben von Treffern nicht
verschont, es hagelte Einträge und Beschwerden an die Eltern. Eines Morgens stand der Schuldirektor, Herr Hesse, mit Schülerspitznamen genannt “dor Meester” (der Meister) nebst seiner Frau
Charlotte und dem fast vollzähligen Lehrerkorps vor der Eingangstür der Schule mit einem groβen Sack. Jeder Schüler musste alle seine Taschen ausleeren, auch die Schultaschen und Frühstücksbeutel
wurden kontrolliert. Sieh an, es sammelte sich zirka ein halber Zentner Erbsen an, die Pistolen wurden selbstverständlich mit eingezogen. Mit dieser Menge hatten die Lehrer überhaupt nicht
gerechnet. Ob die Erbsen einen guten Zweck zugeführt wurden, ist nicht überliefert. Es kam zu einer wirklichen Erbsenknappheit. Die Landverkaufsstellen waren teilweise regelrecht leergekauft. Ab
einen gewissen Zeitpunkt wurden in den Verkaufsstellen Erbsen nur noch an Erwachsene verkauft. Natürlich hatten diejenigen das Nachsehen, die ihre Kinder in die Verkaufsstellen schickten, weil
ein Erbsengericht auf den Tisch sollte. Die Erwachsenen mussten selbst in die Verkaufsstellen, um dieses begehrte Gut zu erwerben. Aber auch diese Zeiten gingen vorüber und irgendwann verschwand
dann diese “gefährliche” Waffe wieder in der Versenkung.
Beitrag: Joachim Rudolph